Dienstagmorgen. Es ist kurz nach acht und der SoWi Kurs der Q1 steht in kleinen Grüppchen auf dem Schulhof. Dieses seltene Bild bot sich den anderen Schülern am 19.03., wenn sie aus den Fenstern ihres Klassenraums blickten. Endlich trifft der Bus ein und macht sich mit uns auf den Weg nach Steinfurt.
Dort ankommen erblicken wir einen riesigen Gebäudekomplex, auf den Herr Musli und ein Kollege vom Graf-Adolf Gymnasium Tecklenburg, die wir unterwegs eingesammelt haben, zu steuern. Angekommen im Gebäude werden wir bereits erwartet, denn wir bekommen jeder ein Namensschild auf dem auch eine Parteizugehörigkeit abgebildet ist. Ab in den Plenarsaal, dort sitzen bereits unzählige andere Schüler und warten auf uns. Wir nehmen Platz und werden begrüßt und endlich erklärt uns jemand, was uns heute eigentlich genau erwartet: Die SimEP2024 ist ein Projekttag, bei dem Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit erhalten, das Europäische Parlament im Sitzungstrakt des Kreishauses in Steinfurt zu simulieren.
Nachdem auch ein zwei namenhafte Politiker persönlich oder via Videoansprache ein paar nette Worte an uns gerichtet haben, geht es los. Wir treffen unsere Parteikollegen in unserem eigenen kleinen Besprechungsraum, wobei dieser bestimmt so groß ist, wie eineinhalb Klassenräume. Dabei sind auch zwei Betreuer, die uns bei allen Fragen und Problemen zur Seite stehen. Zunächst beschäftigen wir uns damit, welche Werte unsere Partei eigentlich vertritt. Glück gehabt, denke ich mir, denn die S&D Fraktion, der ich zugelost wurde, lässt sich mittig links in das politische Spektrum einordnen. Und ich hätte ja auch den eine Rechtsaußen Partei erwischen können. Anschließen stehen die Wahlen an, denn jede Parte benötigt natürlich einen Parteivorsitz und Pressesprecher. Nach einer online Abstimmung bin ich plötzlich Pressesprecherin, denn es gibt auch Schüler, die in die Rolle von Journalisten und Lobbyisten schlüpfen.
Uns liegt ein Amtsblatt der Europäischen Union vor, ein Gesetzestext zur Klimapolitik, für den wir drei Änderungsvorschläge machen können. Wenn wir jedoch Koalitionen mit anderen Parteien schließen, können wir insgesamt sechs Änderungsanträge stellen. Gesagt getan, nachdem wir den Antrag durchgesprochen haben und entschieden haben, wo wir Änderungen vornehmen wollen, verbringen wir den restlichen Mittag damit, mit anderen Abgeordneten zu streiten, was zugegebenermaßen mehr Spaß macht als erwartet. Bis plötzlich mein Handy vibriert. Für die SimEP2024 wurde ein eigener WhatsApp Kanal eröffnet, auf dem die Journalisten Pressemeldungen veröffentlichen. Schnell kommt es zu dreisten Unterstellungen und harten Anschuldigungen, es sei zu Beleidigungen zwischen Abgeordneten gekommen und unsere Koalitionspartner haben sich plötzlich mit anderen verbündet. Skandal!
Zwischen unseren vielen Diskussionen und Entscheidungen gibt es auch Mittagessen: Für eine Stunde haben wir theoretisch Pause, um unsere Spaghetti zu essen. Jedoch können wir nebenbei bereits weiterarbeiten, schließlich müssen wir unsere Änderungen auch angemessen formulieren.
Ab und zu muss ich mit meinem Kollegen zu den Journalisten laufen, damit wir die Erfolge unserer Partei online teilen können.
Und schließlich ist es soweit, die Pressekonferenz steht an. Mein Kollege und ich nehmen an der langen Seite des Plenarsaals Platz, vor uns sind in einem U die Plätze der anderen Abgeordneten angeordnet. In der Mitte wurden Plätze für die Journalisten aufgestellt. Und plötzlich müssen wir die Fragen der Presse über die Mikrofonanlage beantworten und werden dabei von den 100 anderen Teilnehmern beobachtet… Vor mir steht mein Namensschild, während eine Fotografin um uns herumläuft. Geschafft! Ich war so nervös…
Als Tagesabschluss steht nun noch die Plenarsitzung an. Wir erhalten alle jeweils eine rote, gelbe und grüne Karte für die Abstimmungen und nehmen erneut im Plenarsaal, diesmal jedoch im Parteiverbund, Platz. Dann werden die Änderungsanträge diskutiert und abgestimmt, wobei wir den Regeln für Redebeiträge folgen müssen und schließlich über jeden Antrag abstimmen. Zwischen durch stehen plötzlich die Lobbyisten auf und halten Pappschilder in die Luft, auf denen Slogans gegen eine Partei stehen, die nicht mit ihnen kooperieren wollte. Nach einigen Verwarnungen werden sie kurz des Saales verwiesen. So musste Ada aus unserem Kurs sich als Fraktionsvorsitzende eben dieser RENEW-Fraktion ein ziemlich dickes Fell zulegen. Auch während der hitzigen Debatten müssen wir bei ein paar besonders geschickt verpackten Beleidigungen lachen, denn da fliegen die Fetzen.
Schließlich erhält jeder eine Teilnahme Urkunde, bevor wir uns um 18 Uhr auf den Heimweg machen. Auch wenn wir alle fix und fertig sind, sind wir uns einig: eine spaßige und äußert interessante Erfahrung. Auf jeden Fall viel besser, als wenn wir die Mechanismen des Europäischen Parlaments in unseren dicken Büchern nachgelesen hätten.
Elora Hemmer (Q1)